SECOND VOICE

Second Voice dürften den meisten durch Hits wie "Celebrate Our Death" oder "Cover Me" bekannt sein. Nach der Best Of-Veröffentlichung "D.A.W.N. - the collection" im letzten Jahr wurde es ruhig um die Band. Jüngst gab es wieder einen Sampler-Beitrag zur "Body Rapture 7"-Compilation. Die Band besteht wohl weiterhin, ihr sind aber vertragsrechtlich die Hände gebunden.

Entry: Gebt zum Einstieg bitte einen Rückblick über Eure doch recht lange und umfangreiche Band-History. (Wer gründete die Band, wer ist heute im Line-Up, etc.)

Second Voice wurde 1985 gegründet. Damals taten sich in Goslar Guido Fricke (Keyboards) und Ingo Weihe (Keyboards und Gitarre) zu der schon damals experimentierfreudigen Elektronikformation zusammen. Bald darauf stieß Sänger Thomas Franzmann zur Band. Als 1987 Keyboarder und Gitarrist Christian Scholze den aus persönlichen Gründen ausgestiegenen Ingo Weihe ersetzte, waren die Livequalitäten der Band um einen energischen Performer berreichert. Auf das erste Demotape "Trog" (1986) folgten in steter Weiterentwicklung "Restlessness" (1987), "Perpetuate" (1988) und "A Strange Day´s D.A.W.N." (1989).

Die Kassetten von Second Voice fanden reißenden Absatz. Ein Supporteinsatz bei Vomito Negro und das starke Engagement des trendweisenden Magazins New Life (Schweiz) für die Band verhalf Second Voice schließlich zur Bekanntschaft mit Carlos Peron (Ex-Yello-Mitglied). Wenig später nahm Peron Second Voice bei seinem frisch gegründeten Musikverlag "Eisenberg" unter Vertrag und schickte sie 1990 ins teuerste und modernste Aufnahmestudio dieser Zeit, in die Night Tower Studios inmitten der Schweizer Alpen. Die Aufnahmen verliefen chaotisch und zogen sich länger hin als geplant. Carlos Peron erwies sich nicht als der professionelle Produzent, als den er sich immer ausgegeben hatte und seine ruhmreiche Vergangenheit vermuten ließ. Zudem war das Studio so modern und neu, daß nicht einmal der hauseigene Toningenieur Donald W. Richards mit der Technik klarkam. Dadurch explodierten die Aufnahmekosten in für die Band unerschwingliche Höhen. Die Maxi erschien dann als Vinyl-Pressung im Vertrieb von AMV (heute D´Mania Distribution) und wurde trotz allem ein großer Erfolg.

Erst eineinhalb Jahre darauf konnte die Band ihre zweite Maxi "If You Had" aufnehmen. Die Konzerte von Second Voice wurden begeistert aufgenommen. Besonders durch den Supporteinsatz bei der Reuniontournee der Krupps, aber auch wegen Konzerten mit And One, Armaggeddon Dildos, Cat Rapes Dog, Cunning Toy (heute Oomph!), De/Vision, Pankow, Psyche, Infam, Insect, Juniper Hill, Operating Strategies und Tilt! bildete sich eine große Anhängerschaft. Die Nachfragen nach einem Album wurde immer größer. Sänger Thomas sagte damals dazu: "Wir würden von uns aus schon längst eine LP draußen haben, aber durch den ständigen Streß mit unseren unkooperativen Partner ist dies bis jetzt mißlungen. Es besteht die Gefahr, daß sich unsere Energie in unserer Musik nicht mehr äußern kann, weil wir einfach durch den ständigen Ärger geblockt werden." (Sommer 1991)

Carlos Perons versprochene Promotionarbeit ließ ebenso auf sich warten wie die Zuschüsse für die hohen Studiokosten. Die Maxi erhielt kaum Presse und ging in der wachsenden Anzahl der Veröffentlichungen langsam aber sicher unter. Second Voice steckten nicht nur bis zum Hals in Schulden, auch vertraglich waren ihnen die Hände gebunden und es kam zu Spannungen innerhalb der Band. Christian Scholze verließ die Band, um sie fortan nur noch live zu unterstützen.

Als 1992 der Vertrag mit Carlos Peron auslief, gelang es Second Voice, einen neuen Vertrag mit der Plattenfirma Hyperium auszuhandeln. Die anstrengenden Studioarbeiten an der Maxi-CD "Living In Paradise" und parallel endlich auch am ersten Album "Murder She Said" konnten beginnen. Gleichzeitig versuchte die Plattenfirma Zoth Ommog mit geschickter Negativpropaganda die Band bei der Presse uninteressant zu machen. Inzwischen hatte nämlich Thomas Franzmann unter dem Pseudonym Zip Campisi bei dem Renommierprojekt von Talla 2XLC, Bigod 20, einige Parts gesungen. Es wurde behauptet, Franzmann habe sich von Second Voice verabschiedet, um sich voll auf Bigod 20 konzentrieren zu können. Dem Verwirrungseffekt wurde dadurch die Krone aufgesetzt, daß das Debutalbum von Second Voice "Murder She Said" zur gleichen Zeit erschien wie das Debutalbum "Steelworks" von Bigod 20. Viele der damaligen Fans hatten sich längst völlig umorientiert. Die Szene hatte sich mittlerweile grundlegend gewandelt und mußte neu erschlossen werden.

Erst durch das Folgealbum "Approaching Luna" (1993) und vor allem durch die vorab veröffentlichete Maxi "Celebrate Our Death" konnte die Band an den Erfolg von damals anknüpfen.

E.: Euch gibt es ja jetzt schon so lange und Ihr genießt auch einen gewissen Kult-Status aber der richtige Durchbruch war Euch nie vergönnt. Woran liegt das Eurer Meinung nach?

S.V.: Wir hatten nur einen Kultstatus unter Musikern, nicht aber bei der Masse der Hörer. Unsere Musik ist zu flexibel, als daß diese von den oft musikalisch eingeschränkten Hörern überhaupt verarbeitet werden könnte. Das hat direkt Verbindung mit unseren eigenen Hörgewohnheiten. Ich persönlich denke, daß Musiker Musik für Musiker machen, weil sie zeigen wollen, was sie können oder wie sie ihr Instrument beherrschen. Und wir sind Musiker! Uns war es am Anfang völlig egal wie viele es gut fanden, Hauptsache einer, der es beurteilen konnte, fand es gut. Man findet diesen Ablauf immer wieder.

E.: Wie wird es mit Second Voice weitergehen? Sind weitere Veröffentlichungen geplant, werdet Ihr gar auf Tour gehen?

S.V.: Sämtliche Pläne sind noch nicht spruchreif.

E.: Du (Guido) bist ja auch außerhalb von Second Voice musikalisch recht aktiv. Du machst "La Floa Maldita", erzähl doch bitte etwas über diese Arbeit.

Guido: Das muß Inhalt eines eigenen Interviews sein.

E.: Außerdem arbeitest Du mit anderen Bands (z.B. haujobb) in Deinem Studio. Was kannst Du uns zu dieser Arbeit erzählen? Mit welchen Bands arbeitest Du und welche Deiner vielen Aktivitäten siehst Du als Deine Hauptbeschäftigung?

S.V.: Die Studioarbeit ist eher ein Nebenjob mit zunehmender Häufigkeit für mich. Es hat sich aus der Tatsache entwickelt, daß verschiedene Musiker Gefallen fanden an meiner Art und Weise mit Musik umzugehen. So fragten mich verschiedene Leute immer wieder, ob ich Zeit und Lust hätte auch mit ihnen zu arbeiten. Ich selbst kann am Ende entscheiden, mit wem ich arbeiten will und mit wem nicht, weil ich nicht darauf angewiesen bin für andere Musik zu machen.

Die Hauptbeschäftigung ist sozusagen saisonabhängig: mal mache ich selbst mehr Musik, wenn ein neues Album in Arbeit ist, mal stehe ich nur als Produzent im Studio oder bin live mit anderen unterwegs.

E.: Was machen die anderen Bandmitglieder neben Second Voice?

S.V.:??Musik??

E.: Was für Musik hört Ihr privat so? Was sind für Euch aktuell interessante Einflüsse?

S.V.: Wir haben keine Musikgenre-spezifische Grenze unseres Musikgeschmacks: Wo andere die Geschmacksgrenze schon in der elektronischen Musik selbst z.B. in EBM, Gothic, Synthiepop, ... vollziehen, haben wir ganz andere Hörgewohnheiten. Wir trennen die Musik eher in "gefällt", "gefällt nicht" oder "ist gut", "ist schlecht" oder so. Außer in der Volksmusik gibt es in jeder Sparte einiges, was uns gefällt! Ein aktuell interessanter Einfluß ist auf jeden Fall die Drum&Bass Musik.

E.: Möchtet Ihr unseren Lesern noch etwas sagen?

S.V.: Nein! Wir bauen unser Mitteilungsbedürfnis normalerweise in der Musik ab.

Vielen Dank für dieses Interview!